„Die Mischung passt einfach perfekt“ – Unser Trainer Rafik Halim im großen Interview

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„Die Mischung passt einfach perfekt“ – Unser Trainer Rafik Halim im großen Interview

Rafik Halim Interview

Im Herbst 2019 stieß er nach dem Oberliga-Abstieg und einem denkbar schwierigem Start in die erste Westfalenliga-Saison zum FC Brünninghausen, um seine erste Stelle als Trainer im Seniorenbereich anzutreten. Nun, etwa 18 Monate später, hat er mit seinem Trainerkollegen Florian Gondrum eine junge Mannschaft auf einen beachtenswerten dritten Tabellenplatz geführt, ehe die Pandemie für eine jähe Unterbrechung sorgte. Heute steht er uns zum großen Interview zur Verfügung. Wir wünschen viel Spaß mit unserem Gespräch mit Rafik Halim!

Rafik Halim, die wichtigste Frage natürlich zuerst: Wie geht es dir? Wie hast du die Corona-Zeit bisher überstanden?

Rafik Halim: Hallo. Mir geht es soweit ganz gut. Natürlich könnte es einem in dieser verrückten Zeit besser gehen, aber insgesamt denke ich, dass meine Familie und ich uns dennoch in einer privilegierten Situation befinden. Man merkt schon, dass die Pandemie einem sehr zusetzt. Durch die ganzen Restriktionen kann man halt nicht einfach das tun, worauf man gerade Lust hat, so wie man es vorher gewohnt war. Dadurch, dass wir auch noch drei Kinder haben, müssen meine Frau und ich nicht nur uns, sondern auch die Kinder irgendwie durch diese Zeit steuern und versuchen, ein Höchstmaß an Normalität zu erzeugen. Klappt leider nicht immer. Aber wie gesagt, beklagen kann man sich immer, wir versuchen dennoch das Beste daraus zu ziehen.

Bereits im Dezember hast du zusammen mit deinem Trainer-Kollegen Florian Gondrum und einigen wichtigen Führungsspielern frühzeitig deinen Vertrag am Hombruchsfeld um ein Jahr verlängert. Was hat dich zu der frühen Entscheidung bewegt?

Halim: Es war echt eine Entscheidung, die wir gemeinsam in Sekundenschnelle getroffen haben. Ausschlaggebend für diese frühe Zusage ist das Vertrauen des Vereins in unsere Arbeit, das Team und alles was dazugehört. Florian und ich sind ja quasi über Nacht zu Trainern geworden. Erfahrung hatten wir damals nicht vorzuweisen und dennoch haben Klaus (Dieter Friers, r. Red.), Thomas (Behlke, d. Red.) und der restliche Vorstand uns zu einem sehr kritischen Zeitpunkt im Winter 2019 das Team anvertraut. Dabei wurde uns von Anfang an klargemacht, dass wir Fehler machen dürfen und uns die Zeit gegeben wird, uns als Trainer-Team zu finden. Auch der Ansatz mit jungen, hungrigen und entwicklungsfähigen Spielern zu arbeiten, entspricht voll unserer Philosophie. Und wie anfangs schon erwähnt, haben wir ein sehr homogenes und witziges Team. Wir haben nach der Unterbrechung im Winter sehr viele Gespräche geführt und gemerkt, dass das Team Lust auf uns hat und wir ebenso auf die Jungs. Das passt einfach, was man auch daran sieht, dass das Team für die neue Saison 2021/22 fast komplett zusammenbleibt.

Du und Flo seid auch neben dem Platz ein gut eingespieltes Team, ihr beide habt damals oft betont, dass die weitere Zusammenarbeit ein ausschlaggebender Grund für euren Verbleib war. Was ist das Besondere an eurer Kooperation?

Halim: Die Mischung passt einfach perfekt. Wir sind uns in vielen Sachen als Typen schon sehr ähnlich und agieren auf Augenhöhe. Wir reden viel miteinander, diskutieren auch schon einmal kontrovers und bringen unsere Ideen jederzeit ein. Am Ende sind wir uns irgendwie immer einig. (lacht.) Besonders in so grundlegenden Sachen, wie Taktik, Philosophie, Trainingsgestaltung und Teamzusammenstellung sprechen wir eine Sprache. Dazu kommt, dass wir beide immer ein offenes Ohr haben für neue Impulse oder Ideen. Gemeinsam mit Jan Schneider und Jan Broda sind wir schon ein ziemlich gutes Team, das sich richtig gut ergänzt.

Und was macht den FC Brünninghausen für dich als Verein aus?

Halim: Der FC Brünninghausen ist schon eine sehr renommierte Adresse im Dortmunder Amateurfußball und ich bin echt glücklich darüber, hier die Chance bekommen zu haben, mich als Trainer zu entdecken. Früher zu meiner aktiven Zeit hatte ich ehrlich gesagt ein etwas anderes Bild vom Verein. Das hat sich aber grundlegend geändert. Auch hier findet man sehr viel helfende Hände und Leute, die ein offenes Ohr für dich haben. Durch die Ausrichtung, bei den Senioren auf junge Spieler zu setzen und sogar selbst junge Spieler aus der eigenen Jugend an den Kader der ersten Mannschaft heranzuführen, kann der Verein in Zukunft großartiges leisten. Ich denke, dass der FC Brünninghausen sowohl in der Jugend als auch bei den Senioren hervorragend aufgestellt ist und sich in Zukunft nicht verstecken muss.

Der Sprung vom Feldspieler zum Trainer ist für dich noch gar nicht so lange her. War der Wechsel an die Seitenlinie eine große Veränderung für dich?

Halim: Oh ja! Eine Riesenveränderung. Du bist als Trainer natürlich der Hauptverantwortliche und musst viele Sachen rechtfertigen. Zudem musst du unzählige Gespräche führen und 25 Individuen bei Laune halten. Dann noch das Training planen, eine Spielphilosophie und -stil kreieren, das Team zu einer erfolgreichen Saison verhelfen und für mich mit das wichtigste, Spieler besser machen. Aber du kannst nicht den wichtigen Zweikampf gewinnen, du kannst nicht den gefährlichen Pass spielen oder das entscheidende Tor schießen. Du schreibst eine Aufbauanleitung, den Schrank aufbauen tun andere. (grinst.)

Gut gesagt! Was hat dich dazu bewegt, Trainer zu werden? Hast du diesen Schritt vorher schon geplant?

Halim: Also, sagen wir mal so – dürfte ich noch Fußball spielen, wäre ich ganz sicher noch nicht Trainer. Dafür habe ich das Spielen zu sehr geliebt und vermisse es noch immer sehr. Aber als mir die Ärzte sagten, dass meine Hüfte nicht mehr mitmacht, habe ich mir Gedanken gemacht, wie ich dem Fußball verbunden bleiben kann. Durch meine Söhne, die beim TV Brechten Fußball spielen, bin ich dann erstmals mit dem Trainer-Dasein in Berührung gekommen. Und ich muss sagen, es hat Spaß gemacht den kleinen Kids Finten, Pass- und Schusstechniken beizubringen. Dadurch, dass man in relativ kurzer Zeit riesige Entwicklungsschritte sieht, gibt das einem wahnsinnig viel zurück. Als ich dann auf den Trainer-Lehrgang aufmerksam geworden bin, habe ich sofort zugeschlagen und mich angemeldet. Das ich dann noch im selben Jahr von Klaus angerufen wurde und in Brünninghausen gelandet bin, war so nicht geplant.

Du hast große Teile deiner aktiven Laufbahn beim ASC 09 verbracht. Auf welchen Positionen warst du zuhause? Glaubst du, dass deine damalige Spielweise dich heute als Trainer beeinflusst?

Halim: In den Senioren habe ich damals als klassischer Manndecker angefangen. (grinst.) Irgendwann war ich dann im rechten Mittelfeld unterwegs. Erst unter Hannes Wolf habe ich dann die Position des rechten Außenverteidigers gespielt, auf der ich dann jahrelang hängengeblieben bin. Seine eigene Spielweise zu beschreiben, finde ich schwierig – das können andere besser. Was damals war und heute auch an der Außenlinie geblieben ist, ist dieser unbedingte Wille gewinnen zu wollen und sich in jedem Spiel für den Teamerfolg zu zerreißen. Das fordere ich von den Jungs auch ein. Die aktive Zeit auf dem Platz ist viel zu kurz, schon vor der Pandemie – wie schade ist es, wenn man irgendwann als nicht-aktiver Spieler zurückblickt und einem Situationen in den Sinn kommen, die über Sieg oder Niederlage entschieden haben und in denen man nicht alles gegeben hat?

Was ist für dich die größte Herausforderung im Traineramt?

Halim: Die Zusammenarbeit mit ganz vielen verschiedenen Charakteren ist schon mega-intensiv und wenn man sich vor Augen hält, welche Verantwortung man sportlich und auch aus sozialer Sicht trägt, ist das schon eine Herausforderung, der ich ganz viel Respekt zolle. Um nur ein Beispiel zu nennen: von 25 Spieler können nur elf spielen. Schwierige Angelegenheit, vor allem, wenn man – wie Flo und ich – einen Kader zusammenstellt, wo wirklich jeder das Potential hat, sich sonntags in der Startelf wiederzufinden.

In der Vorbereitung sah man dich teilweise im Anzug direkt von der Arbeit zum Platz kommen, hast dazu eine große, liebe Familie. Wie bekommst du das alles unter einen Hut?

Halim: Das klappt nur, wenn die Familie Papas Hobby voll unterstützt. Meine Frau war diejenige, die mich am meisten ermuntert hatte, das Angebot von Klaus damals anzunehmen. Dafür bin ich ihr sehr dankbar. Zudem sind wir ein hervorragendes Trainerteam und nehmen uns gegenseitig die Arbeit ab. Daher war es für mich auch so wichtig, dass Flo auch weitermacht.

Kommen wir zur aktuellen sportlichen Situation. Nachdem du mit Flo die Mannschaft im November 2019 übernommen habt, gelang euch bis zum Saisonabbruch immerhin noch der Sprung ins Mittelfeld der Liga. Diese Saison führte ein bemerkenswerter Start euch sogar auf Rang drei, bevor die Spielzeit für den Moment unterbrochen wurde. Durchaus Grund zur Zufriedenheit, oder?

Halim: Zufriedenheit kommt bei uns nicht auf. Ich assoziiere mit Zufriedenheit immer ein gewisses Zurücklehnen und Stillstand. Wir haben einen bemerkenswerten Start hingelegt, das ist richtig. Vielleicht kam er nach dem großen Umbruch im Sommer auch ein bisschen unerwartet. Wir wussten dennoch, dass wir ein gutes Team haben und dieses hat in den neun Spielen vieles richtig gemacht – aber bei weitem nicht alles. Wir sind mit der bisherigen Entwicklung einverstanden, mehr nicht.

Den Weg aus dem Amateursport-Lockdown hat die Bundesregierung für jeden klar und deutlich niedergeschrieben. Glaubst du noch an eine Fortführung der Saison?

Halim: Nein. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass die laufende Saison annulliert wird. Schade, aber die einzig vertretbare Entscheidung.

Man hört von Seiten der Vereine und Trainer, dass eine Vorbereitungszeit von mindestens vier Wochen absolutes Muss sei. Wärst du auch mit einem Kompromiss einverstanden, sollte es, sagen wir im Mai, kurzfristig die Möglichkeit geben, die Saison mit kürzerer Vorlaufzeit zu beenden?

Halim: Auch hier ein klares Nein. Weniger als vier Wochen Vorbereitungszeit wäre einfach unverantwortlich. Letztlich sollten wir die Gesundheit der Spieler bei solchen Entscheidungen immer an erster Stelle setzen. Niemand lebt vom Amateursport und fast alle haben einen Beruf, dem sie nachgehen müssen. Und das geht meist nur gesund und nicht mit irgendwelchen Knieverletzungen oder sonstigem.

Das Amateurfußball-Portal Westfalenkick brachte vor einigen Wochen beispielsweise eine Art Aufstiegsrunde, durch die man sogar im Juni noch Aufsteiger ermitteln könnte, in Spiel. Wie stehst du zu solchen Alternativ-Szenarien?

Halim: Ich bin da vielleicht ein wenig altmodisch, aber aufsteigen sollten nur Mannschaften, die nach vollständig absolvierter Hin- und Rückrunde ganz oben stehen. Punkt. Das was da im letzten Jahr gelaufen ist, muss eine Ausnahme bleiben. Und auch der 50%-Regel stehe ich ein wenig kritisch gegenüber. Ich verstehe den Verband und würde mich dem beugen, aber ein Spiel ist auch nicht schon nach 45 Minuten beendet, oder? (grinst.)

Mannschaftstraining ist weiterhin bis mindestens Ende März nicht erlaubt. Wie ist die Stimmung in der Mannschaft? Habt ihr ein bestimmtes, alternatives Training, mit dem ihr die Jungs noch immer fit und bei Laune haltet?

Halim: Zuletzt haben wir über Ostern Pause gemacht und warten nun die Entwicklungen in der Politik ab. Jeder ist aber dazu angehalten sich fit zu halten. Bei Laune halten ist aktuell schwierig. Sobald es irgendwie möglich sein sollte, möchten wir zurück auf den Platz. Ich hoffe, dass wir im Mai das Mannschaftstraining wieder aufnehmen können. Laufpläne machen aktuell wenig Sinn, weil es einfach nicht absehbar ist, dass es bald im Wettkampfmodus weitergeht.

Erzähl uns von der lustigsten Situation, die ihr während eurer virtuellen Trainings erlebt habt!

Halim: Ich nenne keine Namen, aber es war teilweise schon witzig einige Spieler beruflich zu begleiten oder mit deren gesamten Familie virtuell an einem Tisch zu sitzen. Dann haben wir noch die ganz harten Kerle, die für Ihre Frauen gekocht haben oder auch den einen oder anderen in süßer Schlafanzughose. (lacht.)

Nehmen wir den Blick weg von der aktuellen Saison und schauen in die mittelfristige Zukunft. Das Potenzial im Team ist groß, wie sehen eure Ziele mit der Mannschaft aus? Wo möchtet ihr noch hin?

Halim: Wir haben das Ziel jeden einzelnen Spieler und somit dann letztendlich auch das gesamte Team besser zu machen. Dadurch, dass wir eine sehr junge und talentierte Mannschaft haben, stehen die Chancen nicht schlecht. Die Entwicklung sehen wir von Sonntag zu Sonntag und in den Trainingseinheiten, aber viel einfacher ist es natürlich für die Allgemeinheit, Entwicklung an etwas Messbarem abzulesen. Daher soll im besten Fall die Entwicklung auch anhand der Tabelle erkennbar sein. Dieses Jahr wollten wir schnell nichts mit dem Abstieg zu tun haben und haben als internes Ziel das gesicherte Mittelfeld ausgegeben. Im nächsten Jahr darf es dann gerne mehr sein. (grinst.)

Rafik, danke dir für das ausführliche Interview. Möchtest du den Menschen zum Abschluss noch ein paar Worte mit auf den Weg geben?

Halim: Ich wünsche mir, dass alle gesund und gestärkt aus dieser Pandemie kommen. Und bald, wenn wir hoffentlich alle unser ersehntes altes Leben wieder haben, sollte man es in vollen Zügen genießen. Denn wenn uns die Pandemie was gelehrt hat, ist es, dass nichts auf der Welt selbstverständlich ist. Bleibt gesund und gebt die Hoffnung niemals auf. Bis bald, auf dem Fußballplatz.

Interview geführt von Christopher Hönisch