„Zuzuschauen fällt mir schwer“ – Sebastian Schröder über den Zwiespalt zwischen Dankbarkeit und Fairness

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„Zuzuschauen fällt mir schwer“ – Sebastian Schröder über den Zwiespalt zwischen Dankbarkeit und Fairness

Sebastian Schröder Interview

Sein Auftreten auf dem Platz verglichen die Ruhr Nachrichten einst mit dem eines MMA-Kämpfers im Octagon. Neben dem Rasen gilt Sebastian Schröder allerdings gemeinhin als ruhiger und ausgesprochen reflektierter Vertreter seiner Zunft. Heute steht er uns für einige Fragen Rede und Antwort. Viel Spaß beim Lesen!

Sebastian Schröder, zur aktuellen Saison stehst du dem Verein nur noch als Stand-By-Spieler zur Verfügung. Da du immer mit vollem Einsatz vorangehst, stellen wir uns den Übergang gar nicht so einfach vor. Wie lebt es sich als Teilzeit-Spieler?

Sebastian Schröder: Da ich mich schon länger mit diesem Schritt auseinandergesetzt habe und ja auch bereit war, für das Weiterkommen in einen anderen Teil meines Lebens vorerst komplett auf den Fußball zu verzichten, war und ist mir der Übergang nicht so schwergefallen. Das ich die Chance bekommen habe als „Teilzeit-Spieler“ – selbstverständlich mit vollem Einsatz – zu agieren war natürlich trotzdem eine große Hilfe für mich, da der Fußball einen großen Teil meines Lebens einnimmt. Jedoch muss ich auch sagen, dass sonntags am Rand zustehen und lediglich zuzuschauen mir schwerfällt. Und auch wenn ich beispielsweise dann eingewechselt worden bin, ist es ja so, dass Andere die mehr Trainingseinheiten absolviert haben auf der Strecke bleiben. Ich als leistungsorientierte Person stehe da im Zwiespalt zwischen dem Dank für der Anerkennung, dass trotzdem auf mich gebaut wird, und der Fairness zu den anderen Mitspielern.

Nach einer einigermaßen durchwachsenen letzten Saison läuft es in dieser Spielzeit bisher durchaus ordentlich. Was ist bei euch anders, als im letzten Jahr?

Schröder: Klar gibt es Abgänge und Zugänge die Grundsätzlich die Kaderchemie ändern. Soweit ich das einschätzen kann, haben wir viele junge Spieler, die sich in dem jetzigen Kader „wohler“ fühlen, als im letzten Jahr. Das ist meines Erachtens eines der größten Faktoren. Was man auch nicht unterschätzen darf, ist, dass es auch einfach läuft bei uns. Wir haben den Rückenwind von sehr guten Spielen übernommen und uns so ein Selbstbewusstsein geschaffen, dass wir jedes Spiel gewinnen können, egal wie stark der Gegner ist oder ob wir in Rückstand liegen. Wir haben dadurch mehr Vertrauen in uns gegenseitig, was dazu führt, dass wir viele Tore erzielen und gut verteidigen.

Du wurdest im Sommer 2019 von den Lesern der Ruhr Nachrichten zum Außenverteidiger des Jahres gewählt. Im Portrait wurdest du damals wegen deines immer kämpferischen Auftretens auf dem Platz mit einem MMA-Kämpfer verglichen. Wer dich kennenlernt, merkt aber schnell, dass du neben dem Platz ein ruhiger und absolut freundlicher Mensch bist. Wie siehst du selbst deine Rolle in der Mannschaft?

Schröder: (lacht.) Ja, da war was, stimmt. Ich sehe mich in dieser Saison eher im Hintergrund. Das liegt in erster Linie daran, dass ich nicht bei jedem Training dabei bin. Ich versuche aber trotzdem so gut es geht eine Vorbildfunktion einzunehmen. Ich möchte zum einen allen in der Mannschaft zeigen, dass man mit Willen und Einsatz weit kommen kann und gerade dann, wenn es nicht gut läuft. Ich bin der Meinung, dass das eine Eigenschaft ist, die noch verbessert werden kann und sollte. Zum anderen versuche ich meine Mitspieler in den Trainingseinheiten durch meinen Einsatz in ihrer fußballerischen Entwicklung zu helfen. Also eine Art Motivator vielleicht? (grinst.)

Gibt es ein Spiel, das dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Schröder: Kein spezielles Spiel. Ich bin ein sehr selbstkritischer Mensch und finde immer etwas, was nicht so gut läuft bei mir. (lacht.) Aber ich muss sagen, dass jedes Spiel, welches man spielen darf, einen prägt. Wenn man seine Sichtweise so adaptiert, lernt man alle Spiele – egal ob Niederlage, Unentschieden oder Sieg – als positiv zu betrachten!

Der Ball in den Amateurligen ruht inzwischen seit mehreren Monaten. Wie nimmst du die aktuelle Situation rund um Corona in Bezug auf den Amateurfußball wahr?

Schröder: Klar fehlt es einem und ich denke, alle Dortmunder Amateure sitzen auf heißen Kohlen, weil man wieder auf dem Platz stehen möchte. Ein klares Ende hat man auch nicht vor den Augen, was die Sache nicht erleichtert. Wir können uns nur fit halten und auf das „Go“ warten.

Du legst offensichtlich viel Wert auf körperliche Fitness. Fehlen dir die Gyms, während sie geschlossen sind? Hältst du dich in dieser Zeit anderweitig fit?

Schröder: (lacht.) Ich bin tatsächlich in keinem Fitnessstudio angemeldet. Es gibt in Dortmund glücklicherweise zwei, drei gute Spots um draußen zu Trainieren, für Calisthenics zum Beispiel. Zusätzlich gibt es auch das ein oder andere Homeworkout welches ausreicht, um gut in der Form zu bleiben. Also ändert sich da nicht so viel in meiner Fitnessroutine.

Klassische Poesiealbum-Frage kurz vor Feierabend: Gibt es etwas, ohne das du nie das Haus verlässt?

Schröder: Also Schuhe sind immer hilfreich! (lacht.) Nein, traurig, aber wahr, das Handy ist doch schon ein Alles-In-Einem-Gadget.

Möchtest du zum Abschluss noch ein paar Worte an die Leser richten?

Schröder: Ja klar! Ich hoffe ihr hattet alle eine schöne Weihnachtszeit und wünsche euch einen sehr guten Start ins neue Jahr! In meinem Umfeld wird mittlerweile „bleibt negativ“ hinzugefügt. (grinst.)

Interview geführt von Christopher Hönisch